Unternehmen müssen sich heute mehr denn je anstrengen, qualifizierte Bewerber für ausgeschriebene Stellen zu finden. Eine Hürde, die es für den Arbeitgeber zu nehmen gilt, ist das Bewerbungsgespräch. Mit den richtigen Fragen und einer großen Portion Menschenkenntnis muss er herausfinden, ob sich der Bewerber tatsächlich für die ausgeschriebene Position eignet. Andererseits gilt es, das eigene Unternehmen in ein möglichst positives Licht zu rücken. Und dann wären da noch einige rechtliche Aspekte, die es zu beachten gilt. Keine leichte Aufgabe! Für Arbeitgeber lohnt es sich deshalb doppelt, das Thema Vorstellungsgespräch professionell anzugehen.
Ein persönliches Kennenlernen ist auf jeden Fall ein Muss – egal um welchen Job es geht. Ob das im Rahmen eines klassischen Vorstellungsgesprächs stattfinden muss, im Assessment-Center oder bei einem Probearbeitstag, hängt dagegen sicher von der jeweiligen Stelle ab. Tatsächlich entscheiden sich erfolgreiche Personalverantwortliche heute sehr häufig für eine Kombination aus diesen Varianten.
Schon die Entscheidung, welche Kandidaten in die engere Auswahl kommen und zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen werden sollen, erfordert Fingerspitzengefühl. Gerade im Gastgewerbe sollte dabei nicht nur die schriftliche Bewerbung als Maßstab genommen werden. Schließlich fallen in manchen Positionen andere Qualitäten mehr ins Gewicht, als perfekte Rechtschreibung und die Kenntnis darüber, wie eine perfekte Bewerbungsmappe auszusehen hat. Das heißt aber im Gegenzug allerdings auch nicht, dass bei der Personalsuche lediglich zählen sollte, ob der Bewerber „gut anpacken“ kann.
Ein professionelles Vorstellungsgespräch bedarf einiger Vorbereitung. Hier verfolgen nicht alle Personalverantwortlichen die gleiche Strategie. Das Repertoire an Möglichkeiten reicht von der offenen Plauderei bis hin zu ausführlichen Fragenkatalogen. Es ist dabei sicher empfehlenswert, eine gesunde Balance zu finden, zwischen einer guten Strukturierung, die eine Vergleichbarkeit unter den Bewerbern herstellt, und einer gewissen Offenheit im Gespräch. Ein vollstrukturiertes Interview, bei dem jeder Bewerber exakt die gleichen Fragen gestellt bekommt, birgt dabei vor allem die Gefahr, dass der Blick auf wirklich interessante Informationen verwehrt bleibt.
Auf jeden Fall aber sollte das Gespräch dazu dienen, neben der fachlichen Qualifikation auch die branchenspezifische Eignung abzuklären. Für das Gastgewerbe zählt hier natürlich besonders die persönliche Einstellung des Bewerbers zum Thema Dienstleistung und zu Menschen generell. Diese ist für den Interviewer allein mit konfrontativen Fragen manchmal recht schwer zu ergründen. Wer stattdessen eine konkrete Situation aus dem Arbeitsalltag schildert und den Bewerber dazu befragt, wie er im geschilderten Fall reagieren würde, kann oft gute Schlüsse daraus ziehen. Gerade bei jüngeren Bewerbern wäre auch ein Rollenspiel eine denkbare Alternative.
Selbstverständlich will der Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch auch möglichst viel über die persönliche Situation des Bewerbers erfahren. Doch aufgepasst! Der Neugierde hat das Arbeitsrecht deutliche Grenzen gesetzt. Es schützt nämlich ausdrücklich das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers. Unzulässig sind z. B. Fragen aller Art zu den Themen Schwangerschaft, Familienplanung, Kinderwunsch etc. Genauso ist die Gewerkschafts- und Parteizugehörigkeit – also Punkte, die darauf hindeuten könnten, dass es sich um einen „unbequemen“ Mitarbeiter handeln könnte, tabu. Es ist mittlerweile auch höchstrichterlich entschieden, dass nicht vor der Einstellung nach einer Schwerbehinderung gefragt werden darf. Nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (kurz: AGG) sind insbesondere auch Fragen nach den im AGG enthaltenen sogenannten Diskriminierungsmerkmalen unzulässig. Dazu zählen: Geschlecht, Behinderung, Alter, ethnische Herkunft, Religion oder Weltanschauung sowie die sexuelle Identität.
Wer trotz alledem unzulässige Fragen stellt, muss mit der unmittelbaren Konsequenz leben, dass der Bewerber lügen darf. In diesem Fall hat der Arbeitgeber keine Handhabe gegen den Bewerber. Klagt ein abgelehnter Bewerber wegen eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz auf Schadensersatz oder die Einstellung, so können unzulässige Fragen, die gestellt wurden, außerdem ein Indiz dafür sein, dass er tatsächlich diskriminiert wurde. Ein Beispiel: Ein Bewerber gibt im Lebenslauf sein Alter nicht an. Im Bewerbungsgespräch wird er danach gefragt. Den Job bekommt er nicht, jedoch erfährt er durch einen Zufall, dass die Wahl auf einen jüngeren Kandidaten fiel, der weniger fachlich qualifiziert ist – dann hat der abgelehnte Bewerber einen guten Ansatzpunkt für eine erfolgsversprechende Klage.
Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten Vorstellungsgespräche außerdem grundsätzlich zu zweit geführt werden. Einen Zeugen benennen zu können, ist nicht nur im Hinblick auf AGG-Verstöße sehr wichtig, sondern auch um sich vor Anschuldigungen wegen angeblicher Beleidigung oder gar des sexuellen Übergriffs zu schützen. Die Dokumentation der Gespräche ist ebenso ratsam, denn gerade bei größeren Bewerberzahlen muss es für den Recruiter auch im Nachhinein nachvollziehbar sein, was die Gründe für eine Einstellung waren.
Jedem Bewerber, der zu einem Gespräch eingeladen wurde, sollte schließlich möglichst zeitnah die Entscheidung mitgeteilt werden. Das gehört zum guten Ton einer professionellen Personalsuche. Jedoch gilt auch hier: Zu viel Offenheit kann böse Folgen haben. Absagen sollten deshalb generell nicht begründet werden – ob am Telefon oder schriftlich. Das würde ein unnötiges Risiko darstellen, da es keinerlei juristischen Anspruch auf eine Begründung gibt. Die einzige Ausnahme sind hier schwerbehinderte Bewerber – aber auch nur dann, wenn der Arbeitgeber über diesen Umstand informiert wurde.
Wer all diese Aspekte bei Vorstellungsgesprächen berücksichtigt, ist nicht nur rechtlich auf der sicheren Seite, sondern macht auch bei potenziellen Arbeitnehmern einen professionellen Eindruck. Und der kann am Ende das Zünglein an der Waage sein, bei der Entscheidung für oder wider eine neue Stelle.
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